Familientherapie – Systemische Therapie

Familientherapie als Therapieform entwickelte sich in den fünfziger Jahren zunächst in den USA, dann in den sechziger Jahren in Europa. Eine der zentralen Erkenntnisse war, dass auffälliges, „verrücktes“ Verhalten nicht ausschließlich als Ausdruck  individueller ,innerseelischer Konflikte zu verstehen ist, sondern als eine passende Reaktion im Zusammenhang mit den Lebens- und Umweltbedingungen, z.B. mit der Familienstruktur. Der therapeutische Blick erweiterte sich vom Individuum auf die Beziehung, die Zweierbeziehung, die Familie und grössere Bezugssysteme.

In der Familientherapie / Systemischen Therapie werden Probleme nicht als Eigenschaften einzelner Personen gesehen. Sie sind vielmehr Ausdruck der aktuellen Kommunikations- und Beziehungsbedingungen in einem System. Gezeigte Symptome können dabei durchaus nützlich sein, weisen sie doch auf Störungen der Entwicklungsmöglichkeiten hin. Familientherapie / Systemische Therapie ist eine Form der Therapie, die Gesundheit und Krankheit, insgesamt die Lebensqualität von Menschen im Zusammenhang mit ihren relevanten Beziehungen und Lebenskonzepten sieht. Dabei erweiterte sich in den letzten Jahren der Blickwinkel von der Familie auf die sie umgebenden Systeme wie Arbeitsfeld und Wohnwelt und auch auf die Kontexte, in denen Therapie und Beratung stattfindet.

Ziel der Therapie ist eine Erweiterung der Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten des / der Einzelnen und des Gesamtfamiliensystems. Der Therapeut versucht, die bisherigen Muster und Vorannahmen zu hinterfragen und führt andere Sichtweisen ein, um neue Interpretationsmöglichkeiten und Interaktionsregeln zu initiieren. Dabei nutzt er besondere Gesprächstechniken, beispielsweise das Umdeuten als die Kunst, etwas „in einen anderen Rahmen zu stellen“, oder zirkuläre Fragen, durch die Menschen angeregt werden, ihre eigenen handlungsleitenden Annahmen über Beziehungen und die Einschätzung der Motive und Prämissen der Anderen auszusprechen und damit zur Diskussion zu stellen. Um Beziehungen erfahrbar zu machen, kann die Therapeutin die Familien auffordern, sich z.B. in einer Skulptur darzustellen. Wahrnehmungen und Bewertungen können auch verändert werden durch den Gebrauch von Bildern und Metaphern sowie durch szenische Darstellungen.



Haltung der Therapeutin / des Therapeuten:


Sie / er sehen sich nicht als Experten, die die Diagnose stellen und die Lösung vorgeben. Sie führen vielmehr einen neugierigen und respektvollen Dialog mit ihren KlientInnen, einer Einzelperson, einem Paar oder einer Familie, um sie darin zu unterstützen, Blockaden in ihrer Entwicklungsdynamik aufzulösen und neue Perspektiven und befriedigendere Muster des Zusammenlebens zu entwickeln.